Grundlagen der Interviewführung und des Screenings
Beratungsansätze und beratungsphasen
1. Beratungsansätze und
Beratungsphasen
Angela Karl – SS 2010
Die Notwendigkeit pädagogisch professioneller Beratung
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3. Brainstorming
Was sollte man bei Gesprächsführung im
Allgemeinen beachten?
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4. Gesprächsführung
„Beratung“ ist ein vieldeutiger Begriff
Differenzierte Betrachtung notwendig (vor allem für Lehrer)
Beraten/Unterweisen/Erziehen/Bewerten
Falsche Formen von „Beratung“ in Schulen
Schneller Ratschlag und Bewertung
Beratung als gezielte Beeinflussung
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5. Schneller Ratschlag
Bewertungssituation
Zeitdruck
Diagnose bereits im Vorhinein getroffen
Lösungsvorschlag bleibt allgemein
Geringe Informationsbasis
Sichtweise des Ratsuchenden kommt zu kurz
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6. Gezielte Beeinflussung
Position des Auftraggebers wird übernommen
Ergebnis steht fest
Rollendefinition wird vermieden
Statusunterschied Ratsuchender/Berater
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7. Gesprächsführungsstandards
Rolle klären → Ist Beratung erforderlich?
Beratung ist
prinzipiell freiwillig
freigehalten von Sanktionen
Gegenstand wird vom Ratsuchenden bestimmt
Freiheit der Entscheidungs- und Handlungsalternativen
Hebt sich ab von Manipulation, Steuerung und Belehrung
Berater ist
unabhängig
verschwiegen
Verantwortungsstruktur und Beratungskonzept der Schule
beachten
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10. Kooperative Gesprächsführung
1) Verstehen
Gedanken wiedergeben
subjektive Sichtweise und Beweggründe nachvollziehen
keine eigenen Interpretationen anwenden
erfordert Geduld
nicht nach Lösungen suchen, bevor Problemlage geklärt ist
in eigenen Worten wiedergeben
veranlasst den Ratsuchenden zu weiterem Nachdenken und
Korrekturen
Zeigt Interesse, hilft beim Erinnern
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11. Kooperative Gesprächsführung
1) Verstehen
Gefühle wiedergeben
Gefühle liefern zuverlässige Hinweise, was zu verändern ist, wo
Lösung gesucht werden muss
Kurz und präzise, ohne Veränderungen oder Zusätze
Fördert gegenseitiges Verstehen
Nicht zu intensiv (keine Therapie), nur weiterer Baustein
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12. Kooperative Gesprächsführung
2) Leiten
Strukturieren
formal und inhaltlich transparent
Phasen einhalten
Lösungswege sammeln
keine „Rezepte“ verteilen
Vorschläge gemeinsam und intensiv erörtern
nach kurzer Darstellung wieder aktiv zuhören, Zeit zum Nachdenken
über Vorschlag geben
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13. Kooperative Gesprächsführung
2) Leiten
Stellung nehmen
Verantwortung liegt beim Ratsuchenden
auf keinen Fall Verantwortung übernehmen
deutlich machen, dass es nur die persönliche Meinung ist
Beziehung klären
im Vorhinein abklären
Welche Rolle wird vom Berater erwartet? Welche Erwartungen werden
gestellt?
direktes Eingreifen durch Lehrer / Verantwortung bei Ratsuchenden
kann wieder aufgegriffen werden, z.B. bei Unzufriedenheit,
mangelnden Vorschlägen des Ratsuchenden u.a. → Frageform soll
subjektive Wahrnehmung widerspiegeln („Ich“-Botschaften)
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14. Kooperative Gesprächsführun
Phasen
Problembeschreibung
aktives Zuhören
regelmäßiges Zusammenfassen
wichtigste Phase, ohne ausführliche Beschreibung kann Problem nicht
gelöst werden
Problemanalyse
gemeinsame Suche nach Ursachenhypothesen
gemeinsam Informationen inhaltlich strukturieren und
Ursachenkomplexe zusammenstellen
noch keine Festlegung auf eine Ursache (verfrüht)
breites Spektrum an Bearbeitungsmöglichkeiten durch verschiedene
Ursachen
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15. Kooperative Gesprächsführung
Phasen
Zielfindung
Aktives Zuhören
Ratsuchender muss Veränderungswünsche präziser benennen
Erstes Ziel benennen (kleine Schritte)
Veränderungsplanung
konkret festlegen wer, was, wann, wie tut
„weniger ist mehr“ → kleine Anfangserfolge erhöhen Motivation
Ausführung und Bewertung
bereits bei Veränderungsplanung Termin für nächstes Treffen
festlegen
Erfolge/Misserfolge analysieren
Veränderungsplan modifizieren/ vorherige Phasen aufgreifen/
Beratung abschließen
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16. Kooperative Gesprächsführung
Schwierige Gesprächsanlässe
Nicht emotional reagieren
Den Gesprächspartner nicht wegen Tonfall ermahnen
Nicht argumentativ mit Beschwerde auseinandersetzen
Unbedachte Äußerungen vermeiden
Stattdessen
ruhige Gesprächsatmosphäre schaffen
Kritische Rückmeldungen positiv sehen
Zeit zur Reaktion lassen
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17. Kooperative Gesprächsführung
Schwierige Gesprächsanlässe
Möglicher Ablauf
Kritik wird emotional und ungeordnet geäußert
Phase der Problembeschreibung ruhig und gelassen beginnen
keine Bewertung oder Stellungnahme durch Berater
aktives Zuhören / Zusammenfassen / Gedanken wiedergeben
emotionale Äußerungen in Sachausdrücke übersetzen
in Ruhe alle genannten Punkte strukturieren
→ Ratsuchender fühlt sich ernstgenommen
für Gespräch bedanken
Stellungnahme:
Fehler zugeben
Vorgehen erläutern
ggf. Stellungnahme vertagen
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18. Systemische Beratung
„Unter dem systemischen Ansatz wollen wir hier eine
Grundhaltung verstehen, die Verhalten nicht auf
personale Eigenarten zurückfphrt, sondern es
eingebunden in den situativen Kontext (eben das
System) sieht.“
Ralf Connemann
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20. Systemische Beratung
1. Stock
Einzelpersonen werden betrachtet
kann etikettierend wirken
2. Stock
Beziehungen werden wahrgenommen
3. Stock
die Beziehung von jedem zu jedem wird betrachtet
Aussagen über das System
Problem wird im Kontext systemischen Funktionierens betrachtet
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21. Systemische Ansatz
Systemorientierung
Denken in Regelkreisen
Berater konstruiert Modell systemischen Funktionierens
Sinnorientierung
Berater sucht Sinn / subjektive Bedeutung im Verhalten
Verhalten als Bewältigungsstrategie
Ressourcenorientierung
Gegensatz zum Defizitdenken
Konzentriert sich aufs positive
Veränderungsorientierung
Kleine Veränderung hat Einfluss auf das gesamte System
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22. Systemische Intervention
Konstruktives Fragen
Reflektieren
Kommentare während und am Ende der Beratung
Angebot öffnender Ideen
Hinterfragen lähmender Gewissheiten
Abwägen möglicher Alternativen
Ausmalen günstiger Entwicklungsmöglichkeiten
Spiel mit hypothetischen Lösungsideen
Schlussintervention
Verschmelzen in Beratung zu Einheit
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23. Systemische
Interventionsformen
Umdeuten
neuartige Sicht auf Probleme → für Ratsuchenden akzeptable
Interpretation des Problems
Umetikettieren
positive Sprache
negative Konnotationen vermeiden
Nutzung von Ressourcen
Positives Verhalten wird verstärkt → negatives Verhalten wird
weniger wahrgenommen
bei Problemen Katastrophenstimmung vermeiden durch Deutung als
„leichter Rückfall“
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24. Systemische
Interventionsformen
Symptomverschreibung
Das Verhalten wird in seinem bewussten Ablauf gestört und kann
nicht mehr einfach vollzogen werden
„Ihr Verhalten wird schon Sinn machen, also machen Sie mehr
davon“
Warnung vor Veränderung
Verzögerung des Wandelns
Übertreibung
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25. Systemische
Interventionsformen
Verhaltensverschreibung
Ablauf
Was wurde bisher genutzt und hat nicht funktioniert?
Wie kann dasselbe Verhalten an anderem Ort, auf andere Weise o.ä.
ausgeführt werden, wo es als positiv empfunden wird
Auswahl passender Möglichkeiten
Verhaltsverschreibung
Wetten / Münzwerfen
Zeit- und Ortsgebundene Verschreibung
Schreiben / Lesen
nur bei verfestigten Verhaltensstrukturen
erfordert Geduld
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26. Quellen
Connemann: Systemische Ansätze zur Beratung in der Schule in
„Praxishandbuch Beratung in der Schule“
Grewe: Gesprächsführung und Leitlinien der Beratung
in „Praxishandbuch Beratung in der Schule“
Gröning: Pädagogische Beratung
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